• Dorfgemeinschaftshaus Böhringen mit Dorfplatz | geladener Wettbewerb

    Ortsbauliche Situation: Das zur Verfügung gestellte Quartier bildet einen „Block“ im urbanen Sinne, was eine Seltenheit im gewachsenen Straßennetz von Böhringen darstellt. Auch die rückwärtig gelegene Fritz-Kleiner-Straße verbindet den Mühlbach mit dem Kirchturm, und lässt somit einiges an Attraktivität für Fußgänger erwarten. Die bauliche Aufgabe bietet die Gelegenheit, den öffentlichen Raum in Böhringen weg von der Straße, in die Tiefe des Dorfes zu verlagern, was eine neue Aufenthaltsqualität verspricht.

    Setzung der Baukörper, Raumbildung: Das neue Dorfgemeinschaftshaus wird sich ungefähr am Ort des alten Schlachthauses mit großer Selbstverständlichkeit in der Mitte des Quartiers positionieren. Die Giebelseite wird mit jener des denkmalgeschützten Bestandes zu einer durchgehenden Fassade verschmelzen, um die funktionelle Verbindung der Gebäude zu zeigen. Dem alten Milchhaus kommt so eine besondere Rolle als Solitärgebäude zu, es wird zum vorwitzigen Kontrapunkt der neuen Häuserzeile.

    Nutzungskonzept, innere Erschließung: Das Ensemble hat zwei Eingänge. Einen neuen nach Osten zum Dorfplatz hin, und einen alten, der von Norden durch die Tenne führt. Beide Wege kreuzen sich in einer inneren Halle, die Alt und Neu verbindet und mit einer breiten Treppe auch das Untergeschoss erschließt. Angelagert an den östlichen Eingang erstreckt sich eine weitgespannte Vordachzone, ein Übergangsbereich zwischen Dorfgemeinschaftshaus, Mehrzwecksaal und Platz.

    Im Bereich des denkmalgeschützten Altbaus wird die bewahrte Bausubstanz die Atmosphäre bestimmen. Der neu gebaute Mehrzwecksaal wird durch einen Kunstgriff mit indirektem Tageslicht versorgt. James Turell könnte für diese großformatige Lichtskulptur Pate stehen.

    Freiflächen und Nutzungsmöglichkeit: Der neue Dorfplatz öffnet sich über den Bach hinweg nach Osten, und schafft so den alltäglichen Bezug zum Straßenraum. Der Bach wird mit zwei Brücken überwunden, die das Areal erschließen. Dazwischen wird der Mühlbach als Biotop erweitert, Sitzstufen und naturnahe Begrünung schaffen einerseits eine Abgrenzung gegen ungewollten KFZ-Verkehr, und andererseits Kühlung und Ablenkung für alle Generationen an diesem zentralen Platz. Der Musiksaal im Untergeschoss öffnet sich auf einen neu geschaffenen abgesenkten Hof, der im Westen der Liegenschaft einen überraschenden Akzent setzt. Wir nennen ihn Kulturhof, Dieser Ort verknüpft verschiedene Ebenen und Raumzonen miteinander, es wird insbesondere im Sommer ein zweiter, kühler Außenbereich sein, der für kleine Konzerte, Empfänge und Darbietungen aller Art genutzt werden kann.

    Der Dorfplatz wird in lockerer Weise mit Laubbäumen bepflanzt. Erst auf den zweiten Blick wird erkennbar sein, daß sich einige dieser Laubbäume einem unauffälligen Punktraster eingliedern. Unter dem Dach der stetig sich entwickelnden Bäume kann die gesamte Fläche mit wetterfesten Schirmen bestückt werden, die flexiblen und verlässlichen Schutz gegen Sonne und Regen bieten. Jeder der 12 Schirme überdeckt 6 Festgarnituren, also insgesamt 72 Garnituren. Sobald die Bäume groß genug geworden sind, werden sie den besseren Schatten bieten als die Schirme.

    Zwischen der Fassade des großen Saales und einigen unauffälligen Masten am Rande des Baches werden Seile gespannt, die Lichterketten oder Wimpel tragen können. Später werden die neuen Bäume die Lichterketten tragen.

    Das Milchhaus wird in seiner besonderen Position bewahrt und durch Spiegelung der Bausubstanz auch nach Süden geöffnet. So stellt es ganzjährig eine kleine überdeckte Bühne dar, die sich dem Dorfplatz zuwendet, spontane öffentliche Reden werden so ermöglicht. Wenn eine größere Musikbühne erforderlich ist, so kann diese direkt angeschlossen werden, das Milchhaus beherbergt dann die Infrastruktur für Konzerte, ermöglicht den Rückzug der Künstler, usw.

     

Dorfgemeinschaftshaus Radolfszell, D, geladener Wettbewerb, 2024